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Altersverifikationssysteme / Geschlossene Benutzergruppen
Stand: April 2025
I. Worum geht es?
Um das Alter der Nutzerinnen und Nutzer ihrer Dienste zu bestimmen, können Anbieter verschiedene Maßnahmen ergreifen. Dies ist jedoch nicht bei allen Angeboten oder Inhalten notwendig. Altersüberprüfungsmaßnahmen sind vor allem dann relevant, wenn sichergestellt werden soll, dass ausschließlich Personen ab einem oder bis zu einem bestimmten Alter Zugang erhalten. Beispiele hierfür sind Erwachsenenangebote (z. B. Pornografie) oder Angebote, bei denen Kinder ungestört unter sich sein sollen.
Bei Altersverifikationssystemen (AVS) handelt es sich um die strikteste Maßnahme zur Altersüberprüfung, da sie in der Regel eine konkrete Identifizierung und eine verlässliche Altersprüfung von Personen gewährleisten müssen. Durch den Einsatz von AVS entsteht eine sogenannte geschlossene Benutzergruppe. Angebote und Inhalte werden ausschließlich den zugelassenen Nutzerinnen und Nutzern zur Verfügung gestellt – innerhalb des Angebots können sich somit nur Personen bewegen, die in die voreingestellte Altersspanne (z.B. über 18 Jahre) fallen.
Weniger invasive Maßnahmen der Altersfeststellung umfassen:
- Nutzerseitige Altersauskunft (bspw. durch Abfrage des Geburtsdatums oder des Erfüllens des Zugangsalters)
- Automatisierte Altersschätzung (bspw. durch Gesichtsanalyse oder verhaltensbasierte Inferenz)
- Altersannäherung (bspw. durch Expertensysteme oder Fragebögen)
II. Was bedeutet das für die Praxis?
Die Einführung von Maßnahmen zur Altersfeststellung kann verschiedene Gründe haben: Zum einen steht es Anbietern frei, freiwillige Maßnahmen zu ergreifen und so den Zugang zu ihren Angeboten einzuschränken. Zum anderen bestehen im Rahmen des Jugendmedienschutzes gesetzliche Pflichten zur Einführung von Altersüberprüfungen. Dabei lässt sich unterscheiden zwischen Pflichten zur Einführung von allgemeinen Schutzmaßnahmen (wobei AVS eine Möglichkeit darstellt) und der Pflicht zur Verwendung eines Altersverifikationssystems.
Ersteres ist etwa bei der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL), dem Digital Services Act (DSA), dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Fall – Letzteres gilt hingegen für den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) sowie den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV).
Welche gesetzlichen Pflichten schreibt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag vor?
Grundsätzlich unzulässige Online-Inhalte dürfen laut Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (§ 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV) angeboten werden, wenn der Anbieter sicherstellt, dass nur Erwachsene Zugang dazu haben. Der Gesetzestext spricht in diesem Zusammenhang von einer „geschlossenen Benutzergruppe“. Eine solche Benutzergruppe kann durch ein Altersverifikationssystem (AVS) eingerichtet werden, das zuverlässig überprüft, ob Nutzerinnen und Nutzer volljährig sind.
Gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 JMStV sind folgende Angebote in Rundfunk und Telemedien grundsätzlich unzulässig:
- pornografische Inhalte im Sinne von „einfach pornografisch“ in Abgrenzung zu „harter“ Pornografie, welche gemäß § 4 Abs. 1 JMStV bereits absolut verboten ist (siehe auch Gesetzliche Einstufung von Medieninhalten)
- von der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien indizierte oder mit einem indizierten Werk ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleiche Angebote (siehe auch Liste der jugendgefährdenden Medien)
- offensichtlich schwer entwicklungsgefährdende Inhalte
Fehlt bei grundsätzlich unzulässigen Online-Inhalten ein Altersverifikationssystem oder ist dieses unzureichend, können die Landesmedienanstalten Sanktionen gegen den jeweiligen Anbieter verhängen. Dabei bedienen sie sich der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die gemäß § 14 Abs. 2 JMStV als Organ der Landesmedienanstalten handelt.
Wie muss ein Altersverifikationssystem gestaltet sein?
In der Literatur und Rechtsprechung hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass ein wirksames Altersverifizierungssystem zwei Komponenten umfasst:
- Identifizierung (verlässliche Altersprüfung bzw. Volljährigkeitsprüfung)
- Authentifizierung beim einzelnen Nutzungsvorgang
In Ausnahmefällen können auch automatisierte Systeme ohne Identifizierung der Person eingesetzt werden, wenn damit der Zugang für Minderjähre sicher ausgeschlossen wird. Ebenso können diese beiden Stufen in einem Schritt zusammenfallen, wenn also der Zugang zu Inhalten unmittelbar mit der Altersüberprüfung verknüpft ist.
1. Identifizierungsstufe
In der Identifizierungsstufe soll überprüft werden, ob die Nutzerin oder der Nutzer, der Zugang zum Angebot möchte, tatsächlich volljährig ist. Dafür ist eine zuverlässige Altersprüfung notwendig, bei der die Person eindeutig identifiziert wird – inklusive einer Alterskontrolle. Nach aktuellem Stand der Technik ist dafür in der Regel ein persönlicher Kontakt („Face-to-Face-Kontrolle“) erforderlich.
Unter bestimmten Bedingungen kann auch auf eine frühere persönliche Kontrolle durch eine vertrauenswürdige Stelle zurückgegriffen werden – zum Beispiel bei der Eröffnung eines Bankkontos oder beim Abschluss eines Mobilfunkvertrags.
Auch eine rein technische Altersverifikation ist möglich, wenn sie genauso zuverlässig ist wie eine persönliche Prüfung. So hat der FSM-Beschwerdeausschuss bereits 2006 entschieden, dass ein gut umgesetzter Webcam-Check ausreichen kann. Diese Einschätzung wurde vom Bundesgerichtshof bestätigt, der sich dabei ausdrücklich auf die Entscheidung des FSM-Beschwerdeausschusses bezog.
Allgemein besteht Einigkeit darüber, dass Verfahren, die lediglich auf der Prüfung der Personalausweis-Kennziffern beruhen (sogenannter Perso-Check), nicht als ausreichend gelten.
2. Authentifizierungsstufe
In der Authentifizierungsstufe wird sichergestellt, dass nur die zuvor eindeutig identifizierte und altersgeprüfte Person Zugang zur geschlossenen Benutzergruppe erhält. Zudem soll dadurch verhindert werden, dass Zugangsdaten in großem Umfang weitergegeben oder von nicht berechtigten Dritten genutzt werden.
Wer überprüft die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen?
Ob die oben beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Der JMStV sieht bislang kein Anerkennungsverfahren für geschlossene Benutzergruppen bzw. AVS vor. Aktuell können Anbieter ihre Altersverifikationssysteme der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) oder einer anerkannten Selbstkontrolle wie der FSM, zur Prüfung vorlegen.
Die FSM hat bereits zahlreiche AVS bewertet. Für Mitgliedsunternehmen der FSM besteht die Möglichkeit, eine solche Bewertung durch die FSM-Gutachterkommission vornehmen zu lassen. Die Gutachterkommission ist ein unabhängiges Gremium und setzt sich aus Expertinnen und Experten der Rechtswissenschaft, Medienwissenschaft und Medienpädagogik sowie aus Vertreterinnen und Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen zusammen. Die Prüfung der FSM-Gutachterkommission erfolgt auf Grundlage der KJM-Kriterien, allerdings mit technologieoffenem Ansatz. So können unterschiedliche Umsetzungen von AVS-Parametern berücksichtigt werden – etwa auf welcher technischen Ebene das Alter festgestellt wird, auf welcher Datengrundlage die Altersprüfung durchgeführt wird und wie das festgestellte Alter dem Anbieter übermittelt wird.
Im novellierten JMStV (6. Medienänderungsstaatsvertrag) wird die Prüfkompetenz der anerkannten Selbstkontrolleinrichtungen für AVS festgeschrieben und an das bereits bestehende Prüfverfahren für Jugendschutzprogramme angepasst. Nach Inkrafttreten dieser Regelung am 1. Dezember 2025 wird die FSM also Eignungsüberprüfungen auf Grundlage der neuen gesetzlichen Vorgaben vornehmen.
Wann ist der Einsatz eines Altersverifikationssystems darüber hinaus verhältnismäßig?
Die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes von Altersverifikationssystemen (AVS) hängt stark vom jeweiligen Kontext ab. Bei Angeboten mit überwiegenden Erwachseneninhalten – etwa im Bereich Pornografie oder Glücksspiel – ist der Einsatz angemessen und notwendig. Für Plattformen mit überwiegend zulässigen oder jugendaffinen Inhalten kann hingegen je nach Einzelfall auf weniger eingriffsintensive Maßnahmen zurückgegriffen werden.
Zugleich muss bedacht werden, dass durch Altersüberprüfungen nicht alle Risiken im digitalen Raum adressiert werden können. So bieten sie keinen Schutz vor Interaktionsrisiken wie Cybermobbing unter Gleichaltrigen oder vor exzessiver Nutzung. Statt mildere Altersüberprüfungen ausschließlich als Instrument zur Zugangsbeschränkung zu betrachten, können sie auch als Ausgangspunkt für eine altersangemessene Gestaltung digitaler Angebote verstanden werden. Altersinformationen könnten genutzt werden, um individualisierte Inhalte, Schutzmechanismen oder Kommunikationsräume altersgerecht zu gestalten – ohne dabei pauschal Nutzerinnen und Nutzer unter einem bestimmten Alter auszuschließen.
Gleichzeitig müssen auch die Grundrechte von Kindern beachtet werden. Die Einführung von Altersverifikationssystemen außerhalb grundsätzlich unzulässiger Online-Inhalte kann in die Befähigung und Teilhabe von Kindern im digitalen Raum eingreifen. Dies betrifft nicht nur das Kinderrecht auf Zugang zu Informationen und Teilhabe, sondern auch das Erziehungsprivileg der Eltern.
Weiterführende Informationen
- Aufzeichnung des medien impuls vom 25. März 2025 zum Thema Alterskontrollen
- Übersicht der von der FSM bewerteten Altersverifikationssysteme
- Übersicht der KJM über bewertete AVS