Berlin, 24. April 2024. Immer mehr Menschen kennen und nutzen Beschwerdestellen, um problematische Online-Inhalte zu melden. Das zeigen die enorm gestiegenen Meldungen an die FSM-Beschwerdestelle im Jahr 2023.
Insgesamt gingen 30.573 Beschwerden über illegale oder jugendgefährdende Online-Inhalte ein. Im Vergleich zum Vorjahr ist damit mehr als eine Verdopplung der Meldezahlen zu verzeichnen (2022: 12.956) – ein neuer Höchststand. In 74 Prozent der Fälle (22.739 Meldungen) handelte es sich um begründete Beschwerden, d. h. um Inhalte, die nach umfassender Einzelfallprüfung gegen deutsche Jugendmedienschutzgesetze verstoßen haben.
Weitere Zahlen und Grafiken finden Sie in unserer Statistik der Beschwerdestelle 2023.
Martin Drechsler, Geschäftsführer der FSM:
„Im Bereich der Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen leistet die FSM-Beschwerdestelle einen wichtigen Beitrag zur schnellen Löschung der Inhalte aus dem Netz. Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Meldezahlen ist es für den Schutz von jungen Menschen – den Schützenswertesten unserer Gesellschaft – dringend erforderlich, dass Strukturen wie die Online-Beschwerdestellen künftig auch mit öffentlichen Mitteln aus Deutschland verlässlich unterstützt werden.“
Mehr Missbrauchsdarstellungen und schnellere Löschung
Darstellungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger machten mit 57 Prozent (12.918 Fälle) den größten Anteil der begründeten Beschwerden aus. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Fälle mehr als vervierfacht (2022: 37 % – 3.224 Fälle). Dieser neue Rekord an gemeldeten Missbrauchsdarstellungen und der enorme Anstieg innerhalb eines Jahres sind besorgniserregend. Die gemeldeten Fälle gehen auch auf die Weiterleitung von Hinweisen anderer Beschwerdestellen des internationalen Netzwerks INHOPE zurück, die im Rahmen einer weltweiten Kooperation Fälle über die ICCAM-Plattform (“I see CAM – Child Abuse Material”) an die FSM melden, wenn diese auf deutschen Servern gehostet werden.
Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger, die auf deutschen Servern gespeichert sind, leitet die FSM sofort an das Bundeskriminalamt (BKA) weiter und informiert im Notice-and-Takedown-Verfahren den Hostprovider. Positiv zu bewerten ist, dass trotz der stark gestiegenen Fallzahl die Abhilfezeit von in Deutschland gehosteten Missbrauchsdarstellungen weiter reduziert werden konnte. Von der Meldung bei der FSM-Beschwerdestelle bis zur Löschung des Inhalts vergingen im Durchschnitt 1,2 Tage (2022: 1,5 Tage). Insgesamt liegt die Entfernungsquote dieser Inhalte bei 100 Prozent.
Bei im Ausland gehosteten Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen informiert die Beschwerdestelle den Hostprovider und leitet die Meldung zusätzlich an die zuständige Partner-Hotline im Beschwerdestellennetzwerk INHOPE weiter. Die Löschquote der im Ausland gehosteten Inhalte lag vier Wochen nach Erstmeldung bei 87 Prozent (2022: 77 %).
Engagement gegen Pornografie, Hass, Gewalt und Jugendgefährdung
Die Anzahl der begründeten Beschwerden im Bereich Pornografie hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt (2023: 8.889 Fälle, 2022: 4.455). Ihr Anteil am gesamten Beschwerdeaufkommen ist zwar mit 39 Prozent deutlich zurückgegangen (2022: 51 %), pornografische Inhalte machten damit aber dennoch den zweitgrößten Anteil der begründeten Beschwerden aus. Hierbei handelt es sich um Fälle von pornografischen Inhalten, die Kindern und Jugendlichen ohne Altersverifikationssystem (AVS) frei zugänglich waren. Ebenfalls deutlich gesunken ist der Anteil der gemeldeten Fälle weiterer als jugendgefährdend eingestufter Inhalte (2023: 1 % – 227 Fälle, 2022: 6 % – 486 Fälle).
Gemeldete Hasskriminalität (2023: 120 Fälle, 2022: 95 Fälle) umfasste, wie im Vorjahr, überwiegend die Darstellungen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen mit einem Anteil von 80 Prozent. In 585 Fällen (2022: 445 Fälle) wurden Darstellungen extremer Gewalt gemeldet. Darunter fallen Gewalt- und Tierpornografie, Verstöße gegen die Menschenwürde sowie Gewaltverherrlichung.
2023 wurden nicht nur insgesamt mehr Online-Inhalte gemeldet als im Vorjahr, es handelte sich auch häufiger um begründete Beschwerden und somit Inhalte, bei denen die Beschwerdestelle auf Grundlage der Jugendschutzgesetze aktiv werden konnte. In nur 26 Prozent der insgesamt gemeldeten Fälle stellte die FSM-Beschwerdestelle keinen Verstoß fest (2022: 32 %). Dies betrifft in der Regel Fälle, in denen das Recht auf freie Meinungsäußerung überwiegt, Jugendschutzregeln nicht verletzt wurden oder Angebote zugangsgeschützt bzw. nicht auffindbar waren. In diesen Fällen informiert die Beschwerdestelle die Melderinnen und Melder über die Rechtslage, verweist auf zuständige Stellen oder jeweils passende Hilfs- und Beratungsangebote und gibt darüber hinaus Tipps zur sicheren Konfiguration von Geräten, die von Kindern und Jugendlichen genutzt werden.
Einfache Meldewege – schnelle Prüfung
Nutzerinnen und Nutzer, die online auf problematische oder möglicherweise rechtswidrige Inhalte stoßen, können diese bei der FSM-Beschwerdestelle unter fsm.de/beschwerdestelle melden. Zur Meldung über das Online-Beschwerde-Formular wird die URL des Inhalts sowie eine kurze Beschreibung des Beschwerdegrunds benötigt. In Kooperation mit eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. betreibt die FSM außerdem das Portal internet-beschwerdestelle.de und nimmt zusätzlich Hinweise von Jugendlichen entgegen, die illegale Inhalte über die Plattform JUUUPORT melden können (juuuport.de/melden).
Die FSM-Beschwerdestelle ist seit 1997 eine verlässliche Anlaufstelle für Internet-Nutzerinnen und -Nutzer. In der Funktion als Beschwerdestelle ist die FSM von allen relevanten Plattformen (auch über Mitgliedsunternehmen hinaus) als vertrauenswürdiger Hinweisgeber anerkannt und war beispielsweise daran beteiligt, erste Trusted Flagger-Strukturen gemeinsam mit Anbietern aufzubauen. Dass die FSM-Beschwerdestelle schnell und effektiv gegen illegale Online-Inhalte vorgehen kann, wird außerdem durch zahlreiche langjährige Kooperationen mit Beschwerde-Hotlines sowie Behörden in Deutschland und innerhalb des weltweiten INHOPE-Netzwerks ermöglicht.