Technischer Jugendschutz
Internetinhalte, die für Kinder und Jugendliche ab einer bestimmten Altersgruppe problematisch sein können, dürfen nach dem Gesetz nur angeboten werden, wenn der Anbieter sie mit einem technischen Schutzmechanismus absichert. Das Gesetz gliedert grob in zwei Fallbereiche: Inhalte, die besonders gravierend sind, z.B. Pornographie und Extremgewalt, sind in sogenannten geschlossenen Benutzergruppen anzubieten, die eine hohe technische Hürde darstellen. Bei Inhalten, die nicht derart gravierend, aber dennoch problematisch sein können, bestehen für Anbieter drei Möglichkeiten des gesetzeskonformen Verhaltens: Technische Kennzeichnungen, die von anerkannten Jugendschutzprogrammen ausgelesen und interpretiert werden können, technische oder sonstige Mittel, die auf unterschiedliche Weisen Zugangshürden schaffen, oder Sendezeitbegrenzungen, die bestimmte Inhalte erst ab einer bestimmten Uhrzeit zugänglich machen – wie man es aus dem Fernsehen kennt.
Altersverifikationssysteme (AVS)
Nach § 4 Abs. 2 S. 2 JMStV sind relativ unzulässige Angebote in Telemedien (z.B. Pornographie) zulässig, wenn der Anbieter derartiger Inhalte sicherstellt, dass diese nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Die nach dem JMStV geforderte Sicherstellung durch den Anbieter kann z.B. mittels eines Altersverifikationssystems herbeigeführt werden.
Ein solches System muss in der Regel aus zwei Komponenten bestehen: Zunächst ist eine verlässliche Identifizierung des Nutzers nötig, bei der festgestellt wird, ob die Person volljährig ist. Eine sichere Feststellung ist nach dem gegenwärtigen Stand der Technik grundsätzlich durch einen persönlichen Kontakt möglich ("Face-to-Face-Kontrolle"). Weiterhin ist eine rein technische Altersverifikation denkbar, wenn sie den Zuverlässigkeitsgrad einer persönlichen Altersprüfung erreicht (BGH I ZR 102/05, Kommunikation und Recht, 2008, S. 361, 365). Zweite Komponente ist die Authentifizierung bei jedem Nutzungsvorgang: Stets muss gewährleistet sein, dass nur diejenige Person die entsprechenden Inhalte abruft, die auf der ersten Stufe als volljährig identifiziert wurde. Zudem soll das Risiko der Weitergabe von Zugangsdaten an Minderjährige reduziert werden.
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Bei Verstößen können die Landesmedienanstalten Sanktionen gegen den jeweiligen Anbieter verhängen; sie bedienen sich hierfür der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die gemäß § 14 Abs. 2 JMStV als Organ der Landesmedienanstalten handelt.
Die KJM hat mittlerweile eine Reihe von AV-Systemen überprüft und als ausreichend bewertet. Eine Übersicht als PDF-Download finden Sie hier.
Auch die FSM hat bereits zahlreiche AVS bewertet. Mitgliedsunternehmen können eine solche Bewertung durch die FSM-Gutachterkommission beantragen. Eine Auswahl findet sich unter Gutachterkommission/Prüfsiegel.
Jugendschutzprogramme
Jugend- oder Kinderschutzsoftware erlaubt es Eltern und anderen Erziehenden bzw. Aufsichtspflichtigen zu steuern, welche Internetinhalte für Kinder und Jugendliche abrufbar sind. Es handelt sich dabei um nutzerautonome Filter, die allein am Endgerät (PC, Tablet, Mobiltelefon) bzw. im Heimnetzwerk (über den Router) oder als Teil des Internetzugangs aktiv sind.
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) ermöglicht Anbietern die Verbreitung von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten u.a. dann, wenn diese für ein anerkanntes Jugendschutzprogramm programmiert sind (vgl. §§ 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 11 JMStV), d.h. mit technischen Alterskennzeichen versehen sind. Jugendschutzprogramme sind dann geeignet, wenn sie als Filterprogramme besondere Anforderungen an Funktionsumfang und Leistungsfähigkeit erfüllen.
In der Regel bestehen sie aus Blacklists (Liste generell unzulässiger Websites, z.B. BPjM-Modul), Whitelists und einer umfangreichen Liste altersdifferenzierter Inhalte (zulässig je nach Einstellung der Altersstufe in der Software). Sie haben zudem die Fähigkeit, technische Alterskennzeichen auszulesen, die dem gemeinsamen Standard (age-de.xml) entsprechen.
Daneben gibt es auch noch Jugendschutzprogramme für sogenannte geschlossene Systeme (§ 11 Abs. 2 JMStV). Ein System ist beispielsweise dann als geschlossen anzusehen, wenn alle Inhalte innerhalb des Systems an herstellereigene Standards gebunden sind und das System in der Regel nicht ohne weiteres verlassen werden kann.
Seit dem 1. Oktober 2016 ist es die Aufgabe der FSM als anerkannter Selbstkontrolleinrichtungen, Jugendschutzprogramme bzw. technische Jugendschutzlösungen zu prüfen und zu bewerten. Die FSM prüft das System anhand der gesetzlichen Grundlage (§ 11 Abs. 1 JMStV) und berücksichtigt dabei auch die von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) erarbeiteten Kriterien.
Welche anerkannten Jugendschutzprogramme gibt es?
Die FSM hat am 2. März 2017 nach Inkrafttreten des derzeit gültigen JMStV, der den Selbstkontrollen die Zuständigkeit über die Eignungsbeurteilung von Jugendschutzprogrammen gibt, zum ersten Mal entschieden, die Software ‚JusProg‘ (Version 8.1.9) gemäß § 11 Abs. 1 JMStV als geeignetes Jugendschutzprogramm zu beurteilen. Die Entscheidung über die Eignung der Software ist für die Dauer von zwei Jahren befristet. Am 1. März 2019 hat die Gutachterkommission der FSM JusProg erneut getestet und entschieden, dass die neue Version 8.3.1. die gesetzlichen Anforderungen des § 11 Abs. 1 JMStV erfüllt. JusProg ist eine Software für Windows ab Version 7. Es lässt sich abhängig vom Alter der Nutzer auf die Altersstufen „ab 0/6/12/16/18 Jahre“ einstellen und bietet damit einen altersdifferenzierten Zugang zu Telemedien. Das Programm ist in der Lage, Alterskennzeichen nach § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 JMStV auszulesen und verfügt über die Funktionalität, entwicklungsbeeinträchtigende und unzulässige Telemedienangebote zu erkennen und auszufiltern. Hierzu bedient es sich des BPjM-Moduls und einer eigenen altersdifferenzierten Liste.
Die Erkennungsleistung des Programms entspricht dem Stand der Technik, wie er für den Prüfzeitpunkt März 2019 durch den Gutachterausschuss vorab ermittelt worden ist. Dies gilt sowohl für das Overblocking (eigentlich geeignete Angebote werden nicht angezeigt), als auch für das Underblocking (ungeeignete Angebote werden angezeigt). Die Software erfüllt die im Prüfzeitpunkt März 2019 geltenden Anforderungen an Nutzerfreundlichkeit und einfache Bedienbarkeit, und es weist einen angemessenen Umgehungsschutz auf. JusProg ist zudem nutzerautonom verwendbar. Das bedeutet, Eltern können Websites für ihr Kind abweichend von den Voreinstellungen individuell freigeben oder sperren.
Die FSM befindet sich im Moment in einem Rechtsstreit mit den Landesmedienanstalten über die Anerkennung des Jugendschutzprogramms JusProg für Windows. Für Anbieter und Nutzer entstehen im Moment daraus jedoch keine Konsequenzen. Weitere Informationen finden Sie hier.
Die FSM hat am 16. August 2018 und zuletzt am 6. April 2020 entschieden, dass die von Netflix vorgehaltene Schutzfunktion die Jugendschutz-PIN gemäß § 11 Abs. 2, 2. Alt. JMStV als geeignetes Jugendschutzprogramm innerhalb eines geschlossenen Systems zu beurteilen ist. Die Entscheidung über die Eignung der Jugendschutzfunktionen ist auf die Dauer von drei Jahren befristet. Netflix bietet in Deutschland ein Video-on-Demand-Angebot auf Abonnement-Basis an.
Bei den Jugendschutzfunktionen handelt es sich um ein Jugendschutzprogramm i.S.d. § 11 Abs. 2, 2. Alt. JMStV, da sie einen altersdifferenzierten Zugang zu Telemedien ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Systems ermöglichen. Netflix verarbeitet formal die Altersstufen „ab 0/6/12/16/18 Jahre“ und erlaubt den Zugang zu Filmen und Serienfolgen aus einem Katalog, welcher von der Antragstellerin selbst bestückt wird.
Alle auf Netflix angebotenen Inhalte sind mit einem Alterskennzeichen i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 JMStV versehen, welches innerhalb des Schutzsystems ausgelesen wird. Dadurch werden alle entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte erkannt. Die Erkennungsleistung entspricht damit in jedem Fall dem Stand der Technik.
Zudem weist die Schutzfunktion einen angemessenen Umgehungsschutz auf. Zur Änderung bzw. Deaktivierung der Profilsperren oder der entsprechenden PIN ist das Accountpasswort einzugeben, welches jüngeren Familienmitgliedern regelmäßig nicht bekannt ist. Des Weiteren sind die Schutzfunktionen benutzerfreundlich und auch nutzerautonom verwendbar. Bei der erstmaligen Nutzung bzw. bei der Nutzung des Angebots mit dem zum Start verfügbaren Hauptprofil sind zunächst etwaige Altersbeschränkungen zu aktivieren. Für bereits eingerichtete Profile kann der Accountinhaber die Aktivierung der einzelnen Schutzfunktionen in den Kontoeinstellungen („Konto“) im Browser oder auf einem mobilen Endgerät vornehmen. Die Hilfeseiten von Netflix erklären die Altersbeschränkungen ausführlich; dabei wird insbesondere auch auf die unterschiedlichen Wirkweisen und die gegenseitigen Ergänzungen von profilbezogenen Altersbeschränkungen und PIN-Sperre eingegangen, so dass durchschnittlich verständige Eltern die Vorteile beider Einzelfunktionen und die Effektivität ihrer Kombination einschätzen können.
Die FSM hat am 4. März 2020 entschieden, dass die für das Angebot Prime Video vorgehaltene Prime Video Kindersicherung gemäß § 11 Abs. 2, 2. Alt. JMStV als geeignetes Jugendschutzprogramm innerhalb eines geschlossenen Systems zu beurteilen ist. Die innerhalb von Prime Video angebotenen Inhalte können von Nutzerinnen und Nutzern durch den Abschluss eines Abonnements, der Prime Mitgliedschaft (subscription-based video on demand, SVOD), oder durch entgeltliche Einmalausleihe und Käufe (transaction-based video on demand/electronic sell-through, TVOD/EST) abgerufen werden.
Bei der Prime Video Kindersicherung handelt es sich um ein Jugendschutzprogramm i.S.d. § 11 Abs. 2, 2. Alt. JMStV, da es einen altersdifferenzierten Zugang zu Telemedien ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Systems ermöglicht. Die Prime Video Kindersicherung verarbeitet formal die Altersstufen „ab 0/6/12/16/18 Jahre“ und erlaubt den Zugang zu Filmen und Serienepisoden aus einem Katalog, welcher von der Antragstellerin selbst bestückt wird.
Sämtliche in Prime Video angebotenen Inhalte sind mit Alterskennzeichen i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 JMStV versehen, welche innerhalb des Schutzsystems ausgelesen werden. Dadurch werden alle entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte erkannt, weshalb die Erkennungsleistung in jedem Fall dem Stand der Technik entspricht.
Auch Funktionsfähigkeit und Umgehungssicherheit sind im hinreichenden Maße gegeben. Weder lässt sich die Schutzfunktion ohne die Eingabe des Amazon Account Passworts deaktivieren, noch ist die eingestellte Altersstufe ohne die Eltern PIN veränderbar. Die Jugendschutzfunktionen von Prime Video sind benutzerfreundlich ausgestaltet. Von jeder Seite der Benutzeroberfläche bedarf es maximal dreier Klicks bis zur Aktivierung der Kindersicherung. Darüber hinaus sind die Schutzfunktionen nutzerautonom verwendbar.
Die FSM hat am 19. Mai 2020 entschieden, die für das Angebot von TVNOW Premium vorgehaltene Altersbeschränkung gemäß § 11 Abs. 2, 2. Alt. JMStV als geeignetes Jugendschutzprogramm innerhalb eines geschlossenen Systems zu beurteilen. Die Entscheidung über die Eignung der Jugendschutzfunktionen ist auf die Dauer von drei Jahren befristet. RTL bietet in Deutschland den Online-Service TVNOW als plattformübergreifendes Video-on-Demand-Portal an, das mittels Internetbrowser über die URL www.tvnow.de sowie über Apps auf Endgeräten mit den Betriebssystemen iOS, tvOS, Android und FireOS verfügbar ist.
Formal handelt es sich bei TVNOW um ein Jugendschutzprogramm i.S.d. § 11 Abs. 2, 2. Alt. JMStV, da es einen altersdifferenzierten Zugang zu Telemedien ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Systems ermöglicht. TVNOW verarbeitet formal die Altersstufen „ab 0/6/12/16/18 Jahre“ und erlaubt den Zugang zu Einzelinhalten innerhalb des Angebots.
Alle auf TVNOW angebotenen Inhalte sind mit einem Alterskennzeichen i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 JMStV versehen, welches innerhalb des Schutzsystems ausgelesen wird. Dadurch werden alle entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte erkannt. Die Erkennungsleistung entspricht damit in jedem Fall dem Stand der Technik. Auch Funktionsfähigkeit und den Umgehungsschutz sind im hinreichendem Maße gegeben. Die Jugendschutzfunktionen von TVNOW Premium sind benutzerfreundlich ausgestaltet. Sie sind von jedem Ort innerhalb des Dienstes jeweils nur wenige Klicks bzw. Bedienschritte entfernt.
Die FSM hat am 24. August 2020 entschieden, dass die für das Angebot von MagentaGaming vorgehaltene Schutzfunktion in den Applikationen für Android, Windows und Mac gemäß § 11 Abs. 2, 2. Alt. JMStV als geeignetes Jugendschutzprogramm innerhalb eines geschlossenen Systems zu beurteilen ist. Die Entscheidung über die Eignung der Jugendschutzfunktionen ist auf die Dauer von drei Jahren befristet. Bei MagentaGaming handelt es sich um eine cloudbasierte Gaming-Plattform, auf der MagentaGaming-Kundinnen und -Kunden dort hinterlegte Computerspiele von unterschiedlichen Publishern endgeräteunabhängig spielen können. Auf die Grundauswahl unterschiedlicher Spiele können MagentaGaming-Kundinnen und -Kunden im Rahmen eines Abonnements zugreifen.
Bei den Schutzfunktionen in MagentaGaming handelt es sich um ein Jugendschutzprogramm i.S.d. § 11 Abs. 2, 2. Alt. JMStV, da es einen altersdifferenzierten Zugang zu Telemedien ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Systems ermöglicht. Die Jugendschutzfunktionen in MagentaGaming verarbeitet formal die Altersstufen „ab 0/6/12/16/18 Jahre“ und erlaubt den Zugang zu Spielen aus einem Katalog, welcher von der Antragstellerin selbst bestückt wird.
Sämtliche in MagentaGaming angebotenen Inhalte sind mit Alterskennzeichen i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 JMStV versehen, welche innerhalb des Schutzsystems ausgelesen werden. Dadurch werden alle entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte erkannt, weshalb die Erkennungsleistung in jedem Fall dem Stand der Technik entspricht.
Auch die die Funktionsfähigkeit und der Umgehungsschutz ist in hinreichendem Maße gegeben. Zudem sind die Jugendschutzfunktionen von MagentaGaming benutzerfreundlich und auch nutzerautonom ausgestaltet. Von jedem Endgerät, auf dem eine MagentaGaming-Software läuft, können die Jugendschutzfunktionen individuell konfiguriert werden. Von jeder Seite der Benutzeroberfläche bedarf es maximal zweier Klicks bis zur Übersicht über die angelegten Spieler-Profile und der jeweils aktivierten Schutzfunktionen und PIN-Aktivierungen.
Am 17. November 2020 hat die FSM entschieden, die Softwaretools JusProg für Android und JusProg für iOS als geeignete Jugendschutzprogramme gemäß § 11 Abs. 1 JMStV zu beurteilen. Die Entscheidung über die Eignung der Software ist für die Dauer von zwei Jahren befristet. Die Tools bieten einen altersdifferenzierten Zugang zu Telemedien und sind in der Lage Alterskennzeichen nach § 5 Abs. 3 S.1 Nr.1 JMStV auszulesen und entwicklungsbeeinträchtigende und unzulässige Telemedienangebote auszufiltern. Die Erkennungsleistung der Programme entspricht dabei dem Stand der Technik, wie er für den Prüfzeitpunkt September 2020 durch den Gutachterausschuss vorab ermittelt worden ist. Auch die die Funktionsfähigkeit und der Umgehungsschutz sind in hinreichendem Maße gegeben.
Zudem sind die Programme benutzerfreundlich ausgestaltet und nutzerautonom verwendbar. Sie lassen eine individuelle Auswahl der Altersstufe für den jeweiligen Nutzer ebenso zu wie die Pflege persönlicher Passlists und Blocklists, die die programmseitig vorgegebenen Alterseinstufungen durch persönliche Einträge überstimmen.
Am 10. März 2021 hat die FSM entschieden, die im Rahmen von Disney+ vorgehaltene Funktion der „Altersfreigabe“ gemäß § 11 Abs.2, 2.Alt JMStV als geeignetes Jugendschutzprogramm innerhalb eines geschlossenen Systems zu beurteilen.
Disney+ bietet in Deutschland ein Video-on-Demand-Angebot auf Abonnement-Basis an. Für seine Profile kann der Accountinhaber beim erstmaligen Anlegen oder im Rahmen der späteren Nutzung eine Altersbeschränkung aktivieren, so dass in dem jeweiligen Profil ausschließlich Einzeltitel angezeigt und abgespielt werden können, die der Alterseinstellung des Profils entsprechen.
Bei den Jugendschutzfunktionen handelt es sich dem Grunde nach um ein Jugendschutzprogramm i.S.d. § 11 Abs. 2, 2. Alt. JMStV handelt, da es einen altersdifferenzierten Zugang zu Telemedien ausschließlich innerhalb eines geschlossenen Systems ermöglicht. Disney+ verarbeitet formal die Altersstufen „ab 0/6/12/16/18 Jahre“ und alle auf Disney+ angebotenen Inhalte sind mit einem Alterskennzeichen i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 JMStV versehen, welches innerhalb des Schutzsystems ausgelesen wird. Dadurch werden alle entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalte erkannt. Die Erkennungsleistung entspricht damit in jedem Fall dem Stand der Technik. Zudem weist die Schutzfunktion einen angemessenen Umgehungsschutz auf. Funktionsfähigkeit, Benutzerfreundlichkeit und nutzerautonome Verwendbarkeit sind auch gegeben. Insgesamt ist für die Konfiguration eines sicheren altersbeschränkten Profils inklusive eines vollständigen Umgehungsschutzes die Vornahme von drei Einstellungen an bis zu drei verschiedenen Stellen der Konfiguration durch die Eltern nötig. Sie müssen die Altersbeschränkung eines Profils aktivieren, höher eingestellte andere Profile mit einer PIN absichern und das Neuanlegen von Profilen in der Konfiguration des Elternaccounts deaktivieren. Insgesamt ist die Vornahme dieser Einstellungen für den durchschnittlichen Nutzer machbar. Der Hauptnutzer kann die Altersbeschränkung in den Einstellungen der einzelnen Profile jederzeit ändern und so an den Entwicklungsstand seines Kindes anpassen.
Schützen Sie Ihre Kinder im Internet - Jugendschutzprogramme
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Technische Alterskennzeichen
Inhalteanbieter können entwicklungsbeeinträchtigende Angebote durch eine technische Alterskennzeichnung („Programmierung für ein anerkanntes Jugendschutzprogramm“) gesetzeskonform ausgestalten, vgl. §§ 5 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, 11 JMStV. Voraussetzung ist, dass die Seite mit einem zutreffenden technischen Kennzeichen versehen ist. Die Anerkennung gilt für Angebote „ab 16 und ab 18 Jahren“. Weiterhin nicht umfasst von dieser Regelung sind Inhalte nach § 4 JMStV (absolut unzulässige Inhalte, wie z.B. Missbrauchsdarstellungen von Kindern, oder relativ unzulässige Inhalte, wie z.B. Erwachsenenpornografie). Die Privilegierung der Anbieter durch die Anerkennung der Jugendschutzprogramme bezieht sich also lediglich auf entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte im Sinne des § 5 JMStV.
Eine Alterskennzeichnung im Onlinebereich ist für den Nutzer einer Website normalerweise nicht sichtbar. Vielmehr hinterlegt der Anbieter im Hauptverzeichnis seines Servers das technische Label, nämlich die Datei age-de.xml. Diese Datei enthält die Altersinformationen, die dann von Jugendschutzprogrammen ausgelesen werden können. Wenn dieses Tagging dem gemeinsamen Standard age-de.xml entspricht, kommen Inhalteanbieter ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach dem JMStV nach. Anbieter haben die Möglichkeit, einzelne Unterseiten und Bereiche einer Website oder eine komplette (Sub-)Domain mit individuellen Altersstufen zu kennzeichnen und so eine größtmögliche Verfügbarkeit ihrer Angebote bei aktivierten Jugendschutzprogrammen zu erreichen.
Um es Anbietern zu erleichtern, zum einen die für ihr Angebot zutreffende Altersstufe zu ermitteln und zum anderen eine dem Standard entsprechende technische Alterskennzeichnung zu erstellen, stellt die FSM ein kostenfreies Altersklassifizierungssystem zur Verfügung. Mehr zu diesem Thema finden Sie hier.
Außerdem unterstützt die FSM ihre Mitglieder bei der Inhalteklassifizierung mit individuellen Beratungs- und Schulungsangeboten.
Technische Mittel
Inhalteanbieter können entwicklungsbeeinträchtigende Angebote ebenfalls durch den Einsatz technischer Mittel gesetzeskonform anbieten, vgl. § 5 Abs. 3 Nr. 3 JMStV. Diese Möglichkeit steht Anbietern nicht offen, wenn es sich um Inhalte nach § 4 JMStV (absolut unzulässige Inhalte, wie z.B. Missbrauchsdarstellungen von Kindern, oder relativ unzulässige Inhalte, wie z.B. Erwachsenenpornografie) handelt.
Technische Mittel sind Zugangshürden, die der Nutzer überwinden muss, um auf die entsprechenden Inhalte zuzugreifen. Der JMStV gibt hier keine konkreten Vorgaben, wie diese Hürde auszugestalten ist, sondern beschränkt sich auf die Festlegung des Schutzniveaus. Danach muss Kindern und Jugendlichen die Wahrnehmung der Inhalte unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden, vgl. § 5 Abs. 3 S. 1 JMStV. In der Praxis haben sich unterschiedliche Ansätze etabliert, wie ein gesetzlich ausreichendes, technisches Mittel umgesetzt werden kann. Dazu gehören Lösungen mit PIN, etwa im Bereich VOD, ebenso wie qualifizierte Abfragen der Daten des Personalausweises („Perso-Check“). Auch alternative Ansätze, etwa eine Altersüberprüfung per Webcam, können – soweit die Art und Weise der Umsetzung das geforderte Schutzniveau garantiert – nach JMStV zulässige technische Mittel sein, vgl. BGH I ZR 102/05 (Altersverifikationssystem).
Die FSM bietet Ihren Mitgliedern die Möglichkeit an, technische Mittel durch die FSM-Gutachterkommission auf ihre Gesetzeskonformität hin zu prüfen. In der Regel ist eine Einbeziehung der Gutachterkommission bereits in einem frühen Entwicklungsstadium sinnvoll.
Sendezeiten
In § 5 Abs. 3 Nr. 2 JMStV wird geregelt, dass Anbieter entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte auch durch Berücksichtigung von Zeitgrenzen gesetzeskonform anbieten können. Dabei gilt, dass Inhalte „ab 18 Jahren“ ab 23 Uhr und Inhalte „ab 16 Jahren“ ab 22 Uhr angeboten werden können, vgl. § 5 Abs. 4 JMStV. Diese aus dem Fernsehen bekannte Maßnahme wird auch im Online-Bereich eingesetzt, z.B. bei Mediatheken.
Bei Inhalten „ab 12 Jahren“ sieht das Gesetz vor, dass bei der Wahl der Sendezeit dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung getragen werden soll. Dies ist beispielsweise dann nicht gewährleistet, wenn expliziten Kinderangeboten, die z.B. Nachmittags auf der Website vorgehalten werden, ohne erkennbare Trennung Angebote nach- oder zwischengeschaltet sind, die für Kinder unter 12 Jahren entwicklungsbeeinträchtigend sind (Inhalte „ab 12 Jahren“).
Diese Möglichkeit steht Anbietern nicht offen, wenn es sich um Inhalte nach § 4 JMStV (absolut unzulässige Inhalte, wie z.B. Missbrauchsdarstellungen von Kindern, oder relativ unzulässige Inhalte, wie z.B. Erwachsenenpornografie) handelt.