Online Jugendschutz
Welche Inhalte jugendschutzrechtlich relevant sind, richtet sich in Deutschland u.a. nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) und dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) der Länder. Nach dem JMStV besteht für jeden Online-Anbieter die gesetzliche Pflicht zu entscheiden, ob die eigenen Inhalte problematisch für Kinder oder Jugendliche sind. Diese Einschätzung kann ich der Praxis oft schwierig sein. Die FSM unterstützt Unternehmen und Anbieter dabei die gesetzlichen Bestimmungen im Jugendschutz einzuhalten und bei der Bewertung von rechtlichen, technischen und pädagogischen Sachverhalten.
Jugendschutzrelevante Inhalte
Der JMStV unterscheidet zwischen drei verschiedenen Kategorien von Inhalten: Den absolut unzulässigen, den relativ unzulässigen und den entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten.
Absolut unzulässige Inhalte nach § 4 Abs. 1 JMStV dürfen von Anbietern gar nicht verbreitet werden, auch nicht an Erwachsene. Es handelt sich hier größtenteils um Inhalte, deren Verbreitung bereits nach dem Strafgesetzbuch (StGB) verboten ist, wie z.B. Missbrauchsdarstellungen von Kindern oder Gewaltverherrlichung.
Relativ unzulässig sind Angebote, die
- in sonstiger Weise pornografisch (siehe Lexikon "Pornografie") sind
- offensichtlich schwer entwicklungsgefährdend sind z.B. sog. Pro Ana und Pro Mia-Seiten über Essstörungen (siehe Lexikon "Pro Ana und Pro Mia") oder
- durch die Bundesprüfstelle wegen Jugendgefährdung indizierte Inhalte enthalten (Liste A und C)
Diese telemedialen Angebote nach § 4 Abs. 2 JMStV sind nur für Minderjährige unzulässig. Ein Anbieter derartiger Inhalte muss sicherstellen, dass diese nur Erwachsenen zugänglich sind (geschlossene Benutzergruppe). Dies kann mittels eines Altersverifikationssystems sichergestellt werden.
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag spricht in § 5 von entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten. Grundsätzlich werden darunter solche Angebote verstanden, die geeignet sind, auf die Entwicklung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen einen negativen, dem Menschenbild des Grundgesetzes widersprechenden Einfluss auszuüben. Derartige Angebote können die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu eigenverantwortlichen, sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft frei entfaltenden Menschen hemmen, unterbrechen oder zurückwerfen. Insbesondere spielt bei der Einordnung der Inhalte eine Rolle, inwieweit sie bei Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Altersstufen sexual- oder sozialethisch desorientierend wirken bzw. gewaltbefürwortende Einstellungen fördern oder sie übermäßig ängstigen können. Will ein Anbieter solche Inhalte über das Internet verbreiten, muss er Sorge dafür tragen, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufe sie üblicherweise nicht wahrnehmen.
Unter Expertenwissen – Inhalte nach JMStV gibt es weitere Informationen über die Einordnung von Inhalten.
Video
Kinder im Internet schützen - Welche Regeln gelten?
Video 5:27 min
Eigene Inhalte einschätzen
Generell gilt: Jeder Anbieter muss seine Inhalte selbst bewerten, sie also hinsichtlich einer möglichen Jugendschutzrelevanz einstufen. Basierend auf dieser Bewertung kann er Inhalte "ab 0 Jahren" und "ab 6 Jahren" frei, also ohne jegliche Zugangsbeschränkungen, anbieten. Nichts weiter tun müssen auch Anbieter von Inhalten, die lediglich für Kinder (also Minderjährige vor Vollendung des 14. Lebensjahres) ungeeignet sind. Diese Inhalte müssen jedoch von für Kinder bestimmten Angeboten getrennt verbreitet oder abrufbar gehalten werden (Trennungsgebot: § 5 Abs. 5 JMStV). Anbieter von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten (ab 16/18 Jahren) müssen Sorge dafür tragen, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufe diese Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen. Das Gesetz sieht für das altersabhängige Anbieten mehrere Möglichkeiten vor.
Es kann schwierig sein, die "passende" Altersstufe zu bestimmen. Bei unproblematischen Inhalten wird dies in der Regel leicht sein. Bei Inhalten aber, die z.B. Sex oder Gewalt beinhalten, wird eine Einschätzung schwieriger. Hier besteht die Möglichkeit für den Anbieter, sich in Zweifelsfällen beraten zu lassen. Für geschäftsmäßige Anbieter von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten besteht die gesetzliche Pflicht einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen. Dieser steht dem Anbieter bei Bewertungsfragen mit seiner Fachkunde zur Seite.
Eine einfache Möglichkeit, die Altersstufe für ein Internetangebot zu ermitteln, ist die Nutzung des FSM-Altersklassifizierungssystems. Mittels eines interaktiven Fragebogens kann jeder unkompliziert ermitteln, ob eine Website oder ein Teil davon problematisch für jüngere Nutzer ist. Mithilfe dieses Systems ist es zudem sehr einfach möglich, eine technische Alterskennzeichnung in ein Angebot zu integrieren, damit Jugendschutzfilter die Website leichter zutreffend bewerten können. Anbieter von Inhalten, die unproblematisch für Kinder und Jugendliche sind oder sich sogar an diese richten, können auf diese Weise gewährleisten, dass entsprechend konfigurierte Jugendschutzprogramme sie nicht versehentlich blockieren.
Mitglieder der FSM werden umfassend und individuell bei der Online-Bewertung Ihrer Inhalte beraten und können die FSM auch als Jugendschutzbeauftragten einsetzen. Weitere Informationen zu unserem Angebot und zur Mitgliedschaft.
Inhalte altersabhängig anbieten
Der Anbieter muss zunächst seine Inhalte selbst bewerten. Basierend auf dieser Bewertung kann er Inhalte "ab 0 Jahren" und "ab 6 Jahren" frei anbieten. Angebote dieser Altersstufe sind jugendmedienschutzrechtlich gesetzeskonform, obwohl sie weder klassifiziert sind, noch sonstige Maßnahmen durch den Anbieter ergriffen wurden. Dies gilt auch für Inhalte, die für Kinder (Minderjährige vor Vollendung des 14. Lebensjahres) ungeeignet sind. Dann müssen diese Inhalte von für Kinder bestimmten Angeboten getrennt verbreitet oder abrufbar gehalten werden.
Dies bedeutet, dass eine Pflicht zum Handeln nach dem JMStV in der Regel dann besteht, wenn Inhalte "ab 16 Jahren" oder "ab 18 Jahren" angeboten werden. Diese gesetzliche Handlungspflicht kann auf verschiedene Weise erfüllt werden:
- das Angebot technisch mit einer Altersstufe kennzeichnen, sodass ein Jugendschutzprogramm sie zutreffend erkennen und verhindern kann, dass jüngere Nutzer für sie ungeeignete Inhalte abrufen können oder
- den Zugang zu dem Angebot durch andere technische Mittel erschweren , z.B. die Abfrage des Personalausweises oder
- das Angebot nur dann verfügbar halten, wenn Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufe dieses üblicherweise nicht wahrnehmen (Sendezeitbeschränkung).
Inhalte für ein Jugendschutzprogramm zu programmieren bedeutet, sie mit einer technischen Alterskennzeichnung zu versehen.
Eine Alterskennzeichnung im Onlinebereich ist für den Nutzer einer Website normalerweise nicht sichtbar. Vielmehr hinterlegt der Anbieter im Hauptverzeichnis seines Servers das technische Label, nämlich die Datei age-de.xml. Diese Datei enthält die Altersinformationen, die dann von Jugendschutzprogrammen ausgelesen werden können. Wenn dieses Tagging dem gemeinsamen Standard age-de.xml entspricht, kommen Inhalteanbieter ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach dem JMStV nach. Anbieter haben die Möglichkeit, einzelne Unterseiten und Bereiche einer Website oder eine komplette (Sub-)Domain mit individuellen Altersstufen zu kennzeichnen und so eine größtmögliche Verfügbarkeit ihrer Angebote bei aktivierten Jugendschutzprogrammen zu erreichen. Die FSM befindet sich im Moment in einem Rechtsstreit mit den Landesmedienanstalten über die Anerkennung des Jugendschutzprogramms des JusProg e.V. Für Anbieter und ihre Pflichten aus § 5 JMStV entstehen im Moment daraus jedoch keine Konsequenzen. Weitere Informationen finden Sie hier.
Um es Anbietern zu erleichtern, zum einen die für ihr Angebot zutreffende Altersstufe zu ermitteln und zum anderen eine dem Standard entsprechende technische Alterskennzeichnung zu erstellen, stellt die FSM ein kostenfreies Altersklassifizierungssystem zur Verfügung.
Die FSM unterstützt ihre Mitglieder bei der Inhalteklassifizierung mit individuellen Beratungs- und Schulungsangeboten. Kontaktieren Sie bei Interesse gern die Geschäftsstelle.
Der JMStV unterscheidet weiterhin Angebote, die relativ unzulässig sind (§ 4 Abs. 2 Satz 1 JMStV). Diese Inhalte sind nach § 4 Abs. 2 Satz 2 JMStV in Telemedien zulässig, wenn der Anbieter sicherstellt, dass diese nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Diese geforderte Sicherstellung durch den Anbieter kann z.B. mittels eines Altersverifikationssystems herbeigeführt werden. Ein solches System muss in der Regel aus zwei Komponenten bestehen: Zunächst ist eine verlässliche Identifizierung des Nutzers nötig, bei der festgestellt wird, ob die Person volljährig ist. Eine sichere Feststellung ist nach dem gegenwärtigen Stand der Technik grundsätzlich durch einen persönlichen Kontakt möglich ("Face-to-Face-Kontrolle"). Weiterhin ist eine rein technische Altersverifikation denkbar, wenn sie den Zuverlässigkeitsgrad einer persönlichen Altersprüfung erreicht (BGH I ZR 102/05, Kommunikation und Recht, 2008, S. 361, 365). Zweite Komponente ist die Authentifizierung bei jedem Nutzungsvorgang: Stets muss gewährleistet sein, dass nur diejenige Person die entsprechenden Inhalte abruft, die auf der ersten Stufe als volljährig identifiziert wurde. Zudem soll das Risiko der Weitergabe von Zugangsdaten an Minderjährige reduziert werden.
Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Bei Verstößen können die Landesmedienanstalten Sanktionen gegen den jeweiligen Anbieter verhängen; sie bedienen sich hierfür der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), die gemäß § 14 Abs. 2 JMStV als Organ der Landesmedienanstalten handelt.
Die KJM hat mittlerweile eine Reihe von AV-Systemen überprüft und als ausreichend bewertet.
Auch die FSM hat bereits zahlreiche AVS bewertet. Mitgliedsunternehmen können eine solche Bewertung durch die FSM-Gutachterkommission beantragen. Weitere Informationen zum FSM-Angebot und zur Mitgliedschaft.
Altersklassifizierungssystem

Anbieter von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten müssen Sorge dafür tragen, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufe diese Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen. Die für den Einsatz im Internet am ehesten geeignete Variante ist die Programmierung für ein Jugendschutzprogramm. Damit ist gemeint, dass ein Angebot technisch mit einer Altersstufe gekennzeichnet wird.
Um es Anbietern zu erleichtern, die für ihr Angebot zutreffende und dem Standard entsprechende technische Alterskennzeichnung zu erstellen, stellt die FSM ein Altersklassifizierungssystem kostenfrei zur Verfügung.
Das Altersklassifizierungssystem erlaubt es Anbietern
- ihre Website jugendschutzrechtlich zu bewerten
- ihre Website technisch so zu kennzeichnen, dass sie von anerkannten Jugendschutzprogrammen zutreffend erkannt wird.
- die Gültigkeit einer vorhandenen technischen Kennzeichnung zu überprüfen.
Die Altersstufe kann entweder direkt selbst eingegeben oder über die Beantwortung eines Onlinefragebogens gefunden werden. Jugendschutzrechtliche Vorkenntnisse sind dabei nicht erforderlich.
Informationen zum technischen Kennzeichnungsstandard finden Sie hier.
Internationale Märkte
Die Frage, wie der Jugendmedienschutz auf der einen sowie die Meinungs- und Informationsfreiheit auf der anderen Seite zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen sind, wird beispielsweise in den USA vollkommen anders beantwortet als in Deutschland. Aber bereits innerhalb der EU unterscheiden sich die Vorgaben für den Onlinejugendschutz zum Teil in wichtigen Punkten: In manchen Ländern gibt es sehr strikte Vorgaben, in anderen sind nur wesentliche Grundlagen geregelt und in wieder anderen gibt es keine – über die allgemein verbindlichen Regelungen der AVMD-Richtlinie – hinausgehenden Vorschriften.
Eine umfassende Analyse der bestehenden Regulierungsmodelle haben Wissenschaftler des Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung an der Universität Hamburg, der Université de Fribourg und der HTW Chur im Auftrag des Schweizer Bundesrates vorgelegt. Dabei zeigen sich gleich zwei große Herausforderungen: Zum einen machen es die unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben schwer für Anbieter, die Nutzer in verschiedenen Ländern erreichen zu wollen. Zum anderen fehlen in den meisten Ländern konvergente gesetzliche Jugendschutzregelungen für alle gängigen audiovisuellen Medienangebote.
Nicht zuletzt unterstützt durch die globale Vernetzung von Nutzern mittels Social Media werden Onlineangebote oft grenzüberschreitend genutzt. Dies bringt dem Einzelnen Zugang zu einer schier unendlichen Zahl an Medieninhalten und vielen Anbietern Zugang zu neuen Märkten, Nutzern und Kunden. Das Herkunftslandprinip (siehe Lexikon Herkunftslandprinzip) verhindert innerhalb der EU in den meisten Fällen, dass Anbieter verschiedene Jugendschutzvorgaben einhalten müssen. Jedoch gibt es zahlreiche nationale Besonderheiten, an die nicht zuletzt auch die Nutzer gewöhnt sind und deren Einhaltung sie von Onlineangeboten erwarten: Gerade bei kostenpflichtigen Diensten neigen Kunden dazu, Angebote zu bevorzugen, die sich ausdrücklich an nationales Recht halten und das „gewohnte“ Schutzniveau bieten – vor allem bei Diensten, die sich an die ganze Familie wenden und ein breites Spektrum an Inhalten bieten.
Die FSM bietet ihren Mitgliedern ein breites Beratungsangebot zu jugendschutzrechtlichen Fragen vieler Länder. Weitere Informationen finden Sie unter EU & Internationales.