Stand: Januar 2025

I. Worum geht es?

Online-Challenges – das Phänomen verstehen

Sie zählen zu den beliebtesten Online-Formaten bei Kindern und Jugendlichen: Pranks und Challenges, also Streiche und „unterhaltsame Herausforderungen“. Dabei geht es darum, etwas Schwieriges oder sogar Riskantes zu tun, sich dabei zu filmen, es online auf Social Media oder über Messenger zu teilen – und andere dazu auffordern, ebenfalls mitzumachen.

Solche Challenges gibt es auf fast allen Sozialen Netzwerken, besonders häufig kommen sie auf den bei Jugendlichen sehr beliebten Plattformen vor, zum Beispiel Instagram und TikTok.  Hashtags, gegenseitige Nominierungen von Nutzenden, aber auch die Weiterleitung in Messenger-Gruppen tragen zur schnellen Verbreitung bei. Machen Influencer mit großer Reichweite mit, kann eine Challenge auch viral gehen.

Aber auch offline erlangen Online-Challenges durchaus große Bekanntheit, als Schulhofgespräch unter Jugendlichen oder über die mediale Berichterstattung, die dann auch Eltern und Lehrkräfte erreicht.

Ice Bucket Challenge, CleanSnap, Fortnite-Tänze, Celebrity Lookalike, Bottle Flip und vieles mehr – Challenges können Spaß machen, lustig und harmlos sein oder für den guten Zweck veranstaltet werden. Es gibt jedoch auch Challenges, die schwierig und riskant sind oder sogar richtig gefährlich werden können. Dies ist immer dann der Fall, wenn erhebliche körperliche Verletzungen und/oder (dauerhafte) gesundheitliche oder psychische Schäden (Selbstverletzung, Selbstgefährdung, Todesfälle) zu befürchten sind.

Jugendliche und Online-Challenges

Für Jugendliche sind Online-Phänomene wie Challenges reizvoll: Sie versprechen Spaß, Nervenkitzel, das Mitmachen kann motiviert sein durch Neugierde, dem Wunsch die eigenen Grenzen auszutesten oder durch sozialen Druck ihrer Peergroup. Heranwachsende im Jugendalter suchen Anerkennung und wollen sich (vor anderen) beweisen. Problematisch kann sein, dass junge Menschen dabei durchaus das Gefahrenpotenzial mancher Challenges unterschätzen.

Laut Jugendmedienschutzindex 2022 glaubt gut ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen, dass andere in ihrer Altersgruppe sich schon zu riskanten Verhaltensweisen online haben anstiften lassen (z. B. zu Mutproben, Drogen- oder Alkoholkonsum oder Selbstverletzung). Ab 13 Jahren äußert mehr als ein Drittel der Jugendlichen, dass ihnen das selbst schon passiert sei, bei den 15-/16-Jährigen sind es sogar 45 Prozent. 

Eine internationale Studie hat 2021 ergeben, dass die Mehrheit der Jugendlichen nicht an Online-Challenges teilnimmt, sie aber zumeist als lustig oder sicher bzw. ungefährlich bewertet. Nur ein kleiner Teil der Jugendlichen bewertete ihnen bekannte Challenges als riskant oder (sehr) gefährlich. Sie äußerten dabei jedoch den Wunsch, konkrete Hilfe und bessere Informationen zu erhalten, um das Risiko von Online-Challenges besser einschätzen zu können. Ebenfalls befragte Eltern und pädagogische Fachkräfte fühlten sich unzureichend gerüstet, um mit Teenagern über Online-Challenges zu sprechen – insbesondere waren sie verunsichert, wann Prävention ansetzen sollte und wie Aufklärung aussehen kann, ohne zu großes Interesse und Neugier zu wecken. 

II. Was bedeutet das für die Praxis?

Prävention und Intervention – dem Phänomen begegnen 

Es gibt vielfältige gesetzliche Grundlagen für den Schutz von Kindern und Jugendlichen, jugendschutzrelevante (Medien-)Inhalte definiert u.a. der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV). Dazu zählen generell verbotene, strafbare Inhalte, aber auch Inhalte, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich gemacht werden dürfen (mehr zur gesetzlichen Einstufung von Medieninhalten), oder für Minderjährige entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte. Gefährliche Online-Challenges können sich durchaus in diesem Spektrum bewegen, wenn sie z. B. zu gewalthaltigen Handlungen auffordern oder diese verherrlichen, wenn sie übermäßig Angst bei Minderjährigen erzeugen, besonders gefährlich sind oder zu selbstverletzendem Verhalten animieren. Anbieter von Online-Angeboten müssen dann dafür Sorge tragen, dass Kinder oder Jugendliche derartige Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen. 

Häufig legen Online-Plattformen und Soziale Netzwerke entsprechende Verhaltensregeln in ihren Richtlinien fest. Bei der Fülle an nutzergenerierten Online-Inhalten ist es aber neben dem Verbot von gefährlichen Online-Challenges essenziell, diese Richtlinien und Verbote auch auf den Plattformen umzusetzen. Weitere Sicherheitsmaßnahmen speziell für Minderjährige können beispielsweise nicht geeignete Inhalte herausfiltern. 

Die Studie „Challenge accepted“ der Landesanstalt für Medien NRW stellte mit einer Inhaltsanalyse fest, dass die Mehrheit der untersuchten Challenges auf TikTok als harmlos oder neutral zu bewerten ist (Beispiele: Sing- und Tanz-Challenges). Knapp ein Drittel der untersuchten Challenge-Videos wurden jedoch als potenziell schädlich, ein Prozent sogar als potenziell tödlich eingestuft. 

Aufklärungsmaßnahmen direkt auf den bei Jugendlichen beliebten Plattformen können hier ebenfalls helfen, Heranwachsende aufzuklären und zu sensibilisieren, vorsichtig mit Online-Challenges umzugehen, sich für das bewusste (nicht) Mitmachen zu entscheiden oder gefährliche Challenges nicht weiter zu verbreiten.  

Meldemöglichkeiten auf Plattformen kommt ebenfalls eine große Bedeutung zu, damit Nutzende auf etwaige gefährliche Online-Inhalte hinweisen können und diese geprüft werden. Auch Meldestellen wie die FSM-Beschwerdestelle sind wichtige Anlaufstellen, um auf für Kinder und Jugendliche gefährliche Online-Inhalte hinzuweisen. 

Medienbildung und -erziehung: Prävention in Schule und Familie

Damit eine altersgerechte Aufklärung von Kindern und Jugendlichen über den Umgang mit Online-Risiken wie gefährlichen Challenges gelingen kann, ist es wichtig, dass Eltern und Lehrkräfte Interesse an den Medienwelten der Heranwachsenden zeigen und über ihre Interessen Bescheid wissen. Medienbildung und -erziehung zum Thema Online-Challenges sollte die Neugier von Heranwachsenden an diesen Phänomenen ernstnehmen und deren grundsätzliche Faszination anerkennen. Trotzdem sollten Erziehungsverantwortliche und pädagogische Fachkräfte Risiken und Gefahren klar als solche benennen und Jugendlichen verdeutlichen, welche negativen Folgen gefährliche Challenges haben können. Besonders gefährliche Online-Challenges sollten dabei aber nicht explizit benannt werden, um diese nicht bekannter oder leicht auffindbar zu machen. Es empfiehlt sich, statt über konkrete Beispiele über verschiedene Arten von Challenges und deren mögliche Konsequenzen zu sprechen. 

Erste Schritte auf sozialen Netzwerken sollten idealerweise begleitet werden, um Gesehenes aufgreifen und einordnen zu können. Möglichkeiten des technischen Jugendmedienschutzes, zum Beispiel Sicherheitseinstellungen oder Schutzfeatures auf Plattformen für Minderjährige, können eine gute Unterstützung sein. Es lohnt sich, mit Jugendlichen gemeinsam alternative, ungefährliche Challenges auszuprobieren. Die Plattform Elternguide.online hat Anregungen für (Medien-)Challenges in der Familie zusammengestellt. 

Grundsätzlich ist ein besonnener Umgang insbesondere bei der Kommunikation über (potenziell) gefährliche Challenges gefragt: Auf die Verbreitung bloßer alarmistischer Warnungen sollte verzichtet werden, da diese massiv zur weiteren Verbreitung beitragen, Panik bei Eltern, Erziehenden oder Jugendlichen verursachen können und dabei keine konkrete Hilfestellung für den Umgang bieten. Dies gilt sowohl für die Berichterstattung in (traditionellen) Medien als auch für den Austausch von Eltern und pädagogischen Fachkräften untereinander. 

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