Stand: August 2013

I. Worum geht es?

In der pädagogischen und gesellschaftlichen Debatte haben sich nicht erst seit dem Bedeutungszuwachs des Internets zwei wesentliche Richtungen beim Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Medien herauskristallisiert. Auf der einen Seite steht ein aktiver, handlungs- und erfahrungsorientierter Umgang als Teil der Persönlichkeitsentwicklung – umschrieben mit dem Begriff der Medienbildung. Auf der anderen Seite steht der Schutz vor negativen Einflüssen der Medien – zusammengefasst mit dem Begriff des Jugendmedienschutzes.

Dabei wollen beide – also Medienbildung und Jugendmedienschutz – Kinder und Jugendliche durch unterschiedliche Methoden vor für sie ungeeigneten Inhalten und Erfahrungen schützen und einen altersentsprechenden, interessensbezogenen und zielorientierten Umgang mit Medien ermöglichen. Jugendmedienschutz kann in diesem Sinne einen Handlungsrahmen (mit gesetzlichen Regelungen sowie Zugangs- und Altersbeschränkungen) für Medienbildung bieten, die mit ihrem lebenswelt- und handlungsorientierten Ansatz individuelle Kontexte aufgreift und eine inhaltliche und praktische Auseinandersetzung mit positiven, aber auch gefährdenden Inhalten anstrebt.

II. Was bedeutet das für die Praxis?

Handlungsorientierte Medienarbeit

Medienbildung geht u.a. davon aus, dass durch die kritische Reflexion des eigenen Medienkonsums und der gesellschaftlichen Rolle von Medien ganz individuelle Verhaltensmechanismen aufgebaut werden. Diese können zielgerichtet genutzt werden um z.B. in einer Gefährdungssituation angemessen zu reagieren. Gleichzeitig geht Medienbildung auf die positiven Aspekte von Medien und deren kreative Potentiale ein.

Kinder und Jugendliche werden durch die praktische Erprobung von Medien – dem handlungsorientierten Ansatz der Medienbildung – zur Produktion, Analyse und Reflexion dieser befähigt. Besonders betont wird in diesem Konzept, dass jedwede Form des Umgangs mit Medien als soziales Handeln zu verstehen ist. Gemeint ist damit ein Handeln bzw. eine Interaktion, die in einem gesellschaftlichen Kontext stattfindet und sowohl für den Handelnden selbst als auch für seine Umwelt von Bedeutung ist. Denn jede Mediennutzung beinhaltet individuelle Auswahl-, Verstehens-, Aneignungs- und Aushandlungsprozesse vor dem Hintergrund spezifischer Erfahrungen. Beispielsweise verarbeiten Kinder und Jugendliche in eigenen Medienproduktionen Themen aus ihrer Lebenswelt – angefangen vom Fehlen eines Spielplatzes im Stadtteil, über mediale Ausdrucksformen der eigenen Jugendkultur bis hin zur Diskussion mit Politikern zum Thema Beteiligung an politischen Prozessen.

Die medienpädagogische Praxis thematisiert deshalb nicht nur das Medium selbst, sondern auch dessen gesellschaftliche und ganz individuelle Bedeutung sowie das Individuum und seine Interaktion mit diesem. Nicht nur aus diesem Grund müssen Kinder und Jugendliche mit ihren medialen Erfahrungen ernst genommen werden, da sie in der Lage sind, mediales Material aktiv für sich zu deuten, zu nutzen und dementsprechend zu handeln. Die Kriterien und Instrumente des Jugendmedienschutzes ermöglichen dafür einen sicheren Entfaltungs- und Artikulationsraum.

Positive Content und lebensweltliche Ansätze im Jugendmedienschutz

Neben dem Schutzgedanken im Jugendmedienschutz haben sich zudem Angebote mit positiven, teilweise vorgeprüften Inhalten bewährt, die vor allem an die Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen anknüpfen. Themen, die für die Zielgruppe entsprechend attraktiv aufbereitet sind, werden durch diese auch bevorzugt genutzt und stellen so eine sichere Grundlage für die Mediennutzung dar. Im Bereich des Internets wären dies bspw. Kindersuchmaschinen wie fragFINN, Kinderinternetseiten aus dem Verbund Ein Netz für Kinder oder Seitenstark bzw. spezielle Angebote für Jugendliche wie etwa watch-your-web.de. Gleichzeitig vermitteln solche Angebote zielgruppengerecht aufbereitete Informationen zu jugendmedienschutzrelevanten und medienpädagogischen Themen. Damit tragen sie zur Auseinandersetzung mit Medien und ihren Formaten bei. Gerade diese Angebote benötigen Unterstützung, da sie zumeist nicht gewinn-, sondern gemeinwohlorientiert arbeiten und auf eine kontinuierliche Förderung angewiesen sind.

Schlussfolgerung

Um Kinder und Jugendliche weiter darin zu bestärken, aktive Gestalter ihrer eigenen medialen Umwelt zu werden und diese auch kritisieren und verändern zu können, ist ein sinnvolles Zusammenspiel von Medienbildung und Jugendmedienschutz notwendig. Ziel dabei ist es vor allem, junge Internetznutzer darin zu bestärken, das Medium für sich zu entdecken und daran teilzuhaben. Die dabei auftretenden Gefahren können durch Maßnahmen des Jugendmedienschutzes zumindest minimiert werden. Sie ersetzen jedoch nicht den stetigen Austausch zwischen Kindern, Jugendlichen, Eltern und Pädagogen sowie die Thematisierung in allen bildungsrelevanten Institutionen und in der Familie.

Weiterführende Informationen

Medienbildung, Medienkompetenz, Media Literacy – zu den Begrifflichkeiten der Medienpädagogik
  • Medienbildung: „Medienbildung ist ein Prozess, in dem der Heranwachsende und der Erwachsene sein ganzes Leben hindurch eine kritische Distanz zu den Medien und ihren Weiterentwicklungen aufbaut und eine Verantwortungshaltung gegenüber den Medien und im Umgang mit ihnen einnimmt. In diesem Kontext wird dann Medienkompetenz zusammen mit anderen Kompetenzen (z.B. Sozial-, Fach- oder Selbstkompetenz) zu einer wesentlichen Voraussetzung für Persönlichkeitsbildung. Wesentlich deshalb weil ohne Medienkompetenz überhaupt keine Bildung möglich ist, weil alle Bildung auf dem repräsentationalen Denken, also auf dem Zeichengebrauch beruht. In diesem Sinne müsste Medienbildung als Teil der Allgemeinbildung gesehen werden.“ (D. Spanhel 2012)
  • Medienkompetenz: Medienkompetenz bezeichnet die Fähigkeit, Medien ziel- und bedürfnisorientiert nutzen zu können. Dabei sind die Dimensionen Medienwissen, Medienkritik, Mediennutzung und Mediengestaltung von Bedeutung.
  • Media Literacy: „Media literacy is seen to consist of a series of communication competencies, including the ability to ACCESS, ANALYZE, EVALUATE, and COMMUNICATE information in a variety of forms, including print and non-print messages.“ (National Association for Media Literacy Education)

In den verschiedenen Definitionen wird der differenzierte theoretische Zugang deutlich. Während Medienkompetenz und Media Literacy eher kompetenzorientiert argumentieren, wird im Konzept der Medienbildung ein Prozess der Persönlichkeitsentwicklung angesprochen, der alle lebensweltlichen Bereiche umfasst.